… und welche Probleme es dabei zu meistern galt

LÜNEN. Lüner Wahrzeichen, Imageträger, Symbol des Strukturwandels, originellster Konferenz-Raum Deutschlands, Tatort-Drehort. Wer das sagt, meint das Ufo. Doch nur einer der vielen Begriffe, die im Zusammenhang mit dem einmaligen Bauwerk verwendet werden, weist auch auf seinen Schöpfer hin: Colani-Ei.

Denn bevor sich der Name Ufo (für unbekanntes Flugobjekt) einbürgerte, war es das Ei das Colani. Professor Luigi Colani, Designer, Künstler, Techniker von weltweitem Ruf.

Ausstellung in Dortmund

Doch wie kam es, dass sich dieser Mann ausgerechnet im kleinen Lünen engagierte? Es gibt unterschiedliche Geschichten darüber, aber sie gehen im Wesentlichen so: Ausgangspunkt war 1992 die Ausstellung „Die Runde Welt des Luigi Colani“, veranstaltet vom Energieunternehmen VEW im Dortmunder Westfalenpark im Sonnenenergie-Forum.

„Sie hatte in einer Woche 600 000 Besucher“, erinnert sich der damalige VEW-Pressesprecher Dr. Jochen Drath. Daraus entwickelte sich ein Netzwerk von Kontakten. So zwischen Colani, Bauunternehmer Engelbert Kortmann und seiner Frau Ursula in Nordkirchen, wo in der Orangerie des Schlosses eine weitere Colani-Ausstellung stattfand. So zwischen Colani und Dr. Elvira Jankowski von der Lüner Zupack GmbH und Klaus Brenscheidt, stellv. Geschäftsführer der IHK Dortmund. „Frau Dr. Jankowski und ich haben Colani angesprochen und versucht, ihn für das gerade im Aufbau befindliche Lüner Technologiezentrum zu gewinnen“, erinnert sich Brenscheidt.

Mit dem Technologiezentrum Lüntec sollte die ehemalige Schachtanlage Achenbach IV in Brambauer wieder genutzt werden. Und dann war sie plötzlich da, eine von Colani, schnell gezeichnete Skizze, die eine fliegende Untertasse auf dem früheren Förderturm zeigte. Das Colani-Ei war geboren.

Design-Center geplant

Die Pläne, die dann reiften, gingen weit über eine fliegende Untertasse auf einem Förderturm hinaus. Luigi Colani wollte mit einem eigenen Design-Studio einziehen in sein Ei. Die Lüner Öffentlichkeit erfuhr zunächst nur gerüchteweise davon.

Auf großer Bühne, in der RTL-Sendung  „Der heiße Stuhl“, bestätigte Colani im November 1992: „Ja, ich komme nach Lünen.“ Die Begeisterung war groß, bei Politik und Wirtschaft.

Doch wer sollte das Ufo bauen? Bauunternehmer Engelbert Kortmann traute sich: „Mich hat die Sache technisch interessiert. Sie erforderte eine Menge Ideen. Außerdem war es eine Chance, unsere Position als Bauunternehmen in Lünen zu stärken“, berichtet Kortmann. Er half der Stadt Lünen gleichzeitig finanziell aus der Patsche, indem er den kommunalen Eigenanteil für das Ufo finanzierte und sich im Gegenzug die erhofften Mieteinnahmen abtreten ließ.

Salmen als Motor

Lünens damaliger Stadtdirektor Dr. Rudolf Salmen sei einer der Motoren des Projekts gewesen, erinnert sich Kortmann. „Er ließ seine Kontakte zum Land spielen.“ 3,2 Millionen DM Förderung sicherte das Land NRW zu, am Ende wurden es knapp 4.

Kortmann zerbrach sich inzwischen den Kopf, wie er das Ufo bauen könnte. „Ich war sogar auf einer Bootsmesse, doch die Bootsbauer winkten ab.“ Schließlich fand er eine Firma in der Slowakei, die es wagte, die Teile der Ufo-Außenhaut aus GFK (Glasfaserverstärkter Kunststoff) zu fertigen.

Der Mut wurde belohnt: Am 9. Mai 1995 eröffnete NRW-Wirtschaftsminister Günter Einert das Technologiezentrum Lüntec und das Ufo. Gut 24 Millionen DM waren insgesamt investiert worden.

Festakt ohne Colani

Einzig Luigi Colani fehlte beim Festakt. Und er fehlte auch später als Mieter. Die Pläne eines Design-Centers im Ufo, sie zerschlugen sich. Enttäuschung machte sich breit in Lünen, Vorwürfe machten die Runde. Schon lange vor der Ufo-Eröffnung hatte es Wirbel um antisemitische Äußerungen Colanis gegeben, für die sich der Designer dann entschuldigte. Zu den Hintergründen von Colanis Rückzug aus Lünen vermutet Engelbert Kortmann: „Ich glaube, er war ernüchtert über die finanziellen Rahmenbedingungen. So bekam er von Firmen aus der Region nicht die Aufträge, die er sich erhofft hatte.“

Colani ist nicht gekommen, aber sein Ufo ist geblieben – als ein Lüner Wahrzeichen, das niemand mehr im Stadtbild missen will.

Colani, 86 Jahre alt, lebt heute in der Nähe von Karlsruhe. Einer, der seit den 1980er-Jahren Kontakt zu ihm hält und stets in der Region für Colanis Projekte warb, ist der frühere Ruhr-Nachrichten-Fotograf Aloys Reminghorst. „Luigi fragt immer, wie es im Ruhrgebiet läuft. Er lässt schön grüßen“, sagt Reminghorst.

Quelle: Ruhr Nachrichten vom 09. Mai 2015

 

3 Fragen an Michael Sponholz, Geschäftsführer der Lüner Wirtschaftsförderung

Welche Bedeutung hat das Ufo für Lünen?

Es ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal und ein Imageträger, mit dem wir natürlich auch gezielt werben.

Werben Sie auch noch mit dem Namen Colani?

Ja, aber der Name sagt vielen jüngeren Menschen nichts mehr. Daher sprechen wir manchmal auch vom Lüntec-Tower.

Was bedeutet es, ein solches  Objekt zu pflegen und instandzuhalten?

Das ist natürlich eine spezielle Herausforderung. So setzen wir zum Beispiel für die Reinigung der Fenster Höhenkletterer ein. Beim Umbau zur Business Lounge musste eine Sitzecke per Kran durch ein Fenster ins Ufo transportiert werden. Der Aufzug wäre zu klein gewesen.

Die Fragen stellte Peter Fiedler, Chefredakteur der Ruhr Nachrichten Lünen